Andreas Barthelmess, Die große Zerstörung
Buchbesprechung
Der Einstieg
Eine Freundin schreibt amüsiert per WhatsApp, dass sie beim Kauf einer größeren Menge 80-Cent-Marken am Postschalter gefragt wird, ob ihr WhatsApp kaputt sei. Genau der richtige Einstieg in „Die große Zerstörung“. Der Autor Andreas Barthelmess ist noch nicht Digital Native, mit Jahrgang 1979 aber auch nicht völlig analog aufgewachsen. Differenziert beschreibt er den Werdegang der Digitalisierung und blickt zugleich nach vorn. Ist die alte Welt endgültig passé?
Eine Übersicht
Digitale Disruption ist aus seiner Sicht kein Trend, sondern ein Zeitphänomen. Sie erreicht alle Ebenen, betrifft öffentliche und private Bereiche, verändert den Industriestandort und schafft eine Fülle neuer Dienstleistungsangebote. Die „Gatekeeper“ der alten Welt haben das Nachsehen, weil seriöse und weniger seriöse Meinungen sich wie Lauffeuer verbreiten und im Handumdrehen bis in die Provinz gelangen.
Die Disruption stellt nicht nur neue Ordnungen auf, sondern schafft gleichzeitig auch neue Fundamente. Dies zu verstehen, ist einzig mögliche Grundlage für neue Leitlinien, denn zurückdrehen kann man die Entwicklung kaum. Greta und Donald Trump, Menschenrechtsaktivisten und Verschwörungstheoretiker profitieren gleichzeitig von Social Media, Internationalität und Reichweite.
Eines der lesenswertesten Kapitel befasst sich mit den Wirkungen der Plattformökonomie. Wenn eine Plattform mit jedem Nutzer für alle Nutzer wertvoller wird, steigt der Nutzen auch für jeden neuen Nutzer – mit dem die Plattform wertvoller wird. Alternativen zu wählen ist suboptimal, weshalb immer weniger Anbieter den Kuchen unter sich aufteilen müssen. Unternehmen auf der Plattform bekommen validere Auswertungen zu ihren Zielgruppen, Werbende bekommen mehr zielgruppenspezifische Reichweite, die Plattform wächst weiter.
Lohnende Lektüre …
… mit dem abschließenden Verweis darauf, dass „schöpferische Zerstörung“ seit Schumpeter der Leitgedanke aktiven Unternehmertums ist. Die digitale Welt nach der großen Zerstörung in neuen, auf die Gegenwart und Zukunft zugeschnittenen Rahmenbedingungen zu lenken, ist daher die unternehmerische Herausforderung aller gesellschaftlicher Bereiche. Wenn gelungen, verhindert eine neuer ordnungspolitischer Rahmen potenziell unkontrollierbare Marktmacht neuer Oligopole.
Ihre Gudula Buzmann
Andreas Barthelmess, Die große Zerstörung.
Was der digitale Bruch mit unserem Leben macht, Dudenverlag, 978-3-411-74733-7
