Raustrauen
Es ist wieder möglich „normal“ zu leben, die meisten Beschränkungen haben sich erledigt. Wer zu den forschen Menschen gehört, geht jetzt auf's Ganze und unternimmt, wonach der Sinn steht. Wer eher vorsichtig ist und der Lage noch nicht traut, bleibt bei der Maske oder sogar zuhause. Was aber, wenn die beiden Typen sich begegnen?
Beide haben sich rausgetraut, erstgenannte Person mit viel Schwung, die zweite wohl eher zögerlich. Nun könnten sich beide noch ein wenig mehr hinaus wagen, nämlich aus der eigenen Komfortzone. Nicht jede und jeder, die/der jetzt etwas unternimmt, ist automatisch sorglos und tickt wie vor der Pandemie. Nicht jede und jeder, die/der Maske trägt, ist ein angstgebeuteltes Wesen. Sich aus der eigenen Komfortzone zu wagen, sich rauszutrauen, hieße nun, miteinander ins Gespräch zu kommen.
Natürlich geht das nicht in jeder Situation. „Ich sehe, Sie tragen Maske. Ist es Ihnen lieber, wenn ich auch eine Maske aufsetze?“ ist vermutlich eine recht ungefährliche Äußerung. „Ich möchte weiterhin Maske tragen. Sie können aber gerne maskenlos bleiben.“ dürfte auch auf Zustimmung stoßen. Doch schon die Bitte um Abstand könnte unangenehme Folgen haben, bei denen man sich überlegt, ob man sich damit auseinandersetzen möchte. Wie kommuniziert man dann? Ein erster Schritt ist es, sich mental auch auf misslingende Kommunikation einzustellen und nicht persönlich beleidigt zu sein, wenn man sich nicht versteht.
Das Verlassen der eigenen Komfortzone, auch und gerade in der Kommunikation, erweitert in jedem Fall den Horizont. Wir sind im Alltag ganz schnell nur auf unserer eigenen Landkarte unterwegs. Andere Gebiete sind uns oft so fremd, dass wir uns gar nicht vorstellen wollen, welche Beweggründe sich hinter Äußerlichkeiten verbergen könnten. Wenn wir unser bevorzugtes (geistiges) Territorium verlassen, kommen wir uns näher, ob mit oder ohne Händeschütteln. In jedem Fall aber hoffentlich ohne unsere übliche öffentliche „Maske“.